Statement bei der Anhörung zum Kabinettsausschuss

Mein Name ist Elizabeth Beloe. Ich bin Stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbands Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (NeMO) und Vorsitzende des Verbunds moveGLOBAL in Berlin. Und ja: Rassismus in seinen verschiedenen Formen gehört zu meinem Alltag – wie auch zu dem meiner Freund*innen, und auch meiner Kinder. Mit Alltag meine ich: dort, wo ich lebe und arbeite.

Der Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen fordert ein Sofortprogramm. Dieses muss in erster Linie vor Ort wirksam werden. Es muss seine Wirkung da entfalten, wo die Menschen leben; wo sie von Rassismus, völkischem Nationalismus und Rechtsextremismus in ihrem Leben beeinträchtigt und bedroht werden.

Wir sind also direkt vor Ort, wo die Menschen leben. Wir wissen, wie stark ihnen Rassismus im Alltag begegnet. Im Vorfeld dieser Anhörung hat der Bundesverband NeMO seine Verbünde gebeten, aktuelle Fälle rassistischer Vorkommnisse zu dokumentieren, die ihnen bekannt geworden sind. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden uns 150 Vorfälle aus verschiedenen Städten übermittelt. Allen Beteiligten ist bewusst, dass dahinter eine erhebliche Dunkelziffer steht. Viele Beschimpfungen, Beleidigungen und Zurücksetzungen werden gar nicht mehr erzählt, weil sie so „normal“ erscheinen. Aber sie sind es nicht: All diese Aggressionen sind Ausdruck eines Rassismus, der tief in der Gesellschaft verwurzelt ist.

Dass es Rassist*innen in Deutschland gibt, das leugnen nur noch die hartgesottenen Rechten. Anders aber verhält es sich mit dem, was wir strukturellen Rassismus nennen. Der strukturelle Rassismus ist ebenfalls eine Erfahrung, die vor allem vor Ort gemacht wird – und das Zusammenleben stört oder in Gefahr bringt.

Struktureller Rassismus: Das beginnt mit unwürdiger Behandlung in manchen Ausländerämtern und problematischen Zuständen in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchenden, geht weiter beim Zugang und im Alltag bei KITA – und setzt sich in Schulen, in der Berufsausbildung und auf dem Arbeitsmarkt wie auch im Gesundheitswesen fort.

Wie stark Benachteiligungen noch Menschen mit Einwanderungsgeschichte treffen, die seit Jahrzehnten hier leben oder deren Nachfahren hier aufgewachsen sind? Dies dokumentiert die Bundesregierung selbst in ihrem 12. Integrationsbericht. Er wurde im Dezember vorgelegt.

Unsere schriftliche Stellungnahme bezieht sich auf die Ausgestaltung des geforderten Sofortprogramms. Stets geht es dabei um die Sicherung und Förderung einer Handlungsfähigkeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus auf der lokalen Ebene – und um den Abbau struktureller Diskriminierungen. Demzufolge sind stets auch die Rahmenbedingungen von Belang, die erfolgreiches lokales Handeln erfordern. Das gesamte Sofortprogramm erfordert eine maßgebliche Beteiligung von Migrant*innenorganisationen in allen vorgesehenen Handlungsfeldern – und zwar sowohl konzeptionell als auch in der Begleitung, Durchführung und bei der Auswertung.

Wir sind bereit, hierfür unseren Beitrag zu leisten.