Engagement von Migrantenorganisationen bei der Wohnraumvermittlung für neu zugewanderte und geflüchtete Menschen: Viele Teilnehmende sind als ehrenamtliche Helfer*innen in der Wohnraumvermittlung für Menschen tätig, die noch in Gemeinschaftsunterkünften wohnhaft sind. Sie erfahren sowohl direkte rassistische Ablehnung bei der Wohnraumsuche (siehe unten), aber auch indirekte Barrieren erschweren die Suche. Hierzu zählen: Mangel an Wohnraum für größere Familien und Sorge vor Überbelegung, Ablehnung von Bewerber*innen, die staatliche Sozialhilfe erhalten oder die Bindung des Wohnberechtigungsscheins an die Länge der Aufenthaltsgestattung. Ehrenamtliche bieten sowohl Übersetzung und administrative Unterstützung als auch Zugang zu informellen Netzwerken, die vertrauensbildende, direkte Kontakte zum privaten Wohnungsmarkt herstellen. Sie sind aber überhaupt mit Scheitern und Frustration konfrontiert, wenn die von ihnen betreuten Familien auf dem angespannten Wohnungsmarkt, auf dem auch einheimische bzw. einheimisch gewordene Migranten mit den Folgen der Gentrifizierung zu kämpfen haben, keinen Erfolg haben. Bei gelungenen Vermittlungen bleiben sie häufig auch noch nach dem Umzug Hauptansprechpartner*innen, was zu Überforderung bei Konflikten führen kann.
Die ehrenamtlich Aktiven haben sich meist in Eigeninitiative ein breites Erfahrungswissen angeeignet. Sie erleben dies aber als vereinzelten und unsicheren Lernprozess und äußern Bedarfe zur Beratung in Bezug auf administrative und rechtliche Expertise. Unterschiedliche soziale Träger haben inzwischen Beratungsstellen mit hauptamtlichen Mitarbeiter*innen eingerichtet, jedoch handelt es sich um lokale Initiativen und kein flächendeckendes Netzwerk. Diese sind meist auf den Zugang zu sozialem Wohnungsbau spezialisiert. Diese hauptamtlichen Stellen zeigen sich an Kooperationen mit Ehrenamtlichen interessiert, aber es bestehen keine etablierten Kooperationen zwischen Migrantenverbänden und den Trägervereinen. Wo Vernetzung mit den Kommunen, den Wohnbaugenossenschaften und anderen Initiativen stattgefunden hat, wird dies als produktiv wahrgenommen. Allerdings fehlen häufig die Ressourcen, daraus stabile Verbindungen zu schaffen.
Das Engagement von MSOs für neu zugewanderte und geflüchtete Menschen betrifft auch ein Themenfeld, mit dem die ehrenamtlich Aktiven auch in ihrer eigenen Lebenswelt konfrontiert sind: Der Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt. Hier zeigte sich, dass alle Teilnehmenden um diese Problemlage wissen, jedoch kaum Verbindungen zu Antidiskriminierungsstellen bestehen. Auch die rechtliche Handhabe im Rahmen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist nicht in der Breite bekannt. Etablierte Projekte wie die Berliner Fachstelle Fair_mieten Fair*Wohnen und der Planerladen in Dortmund stoßen auf große Resonanz, sowohl in Bezug auf die eigenen Erfahrungen als auch das Engagement für Geflüchtete. Hier besteht eine Wissenslücke, mangelnde Vernetzung und gleichzeitig ein breites Handlungsfeld für MSOs.
Ergebnisse der Workshops:
Weiterentwicklung des Handlungsbereichs der MSOs durch:
Antidiskriminierungsarbeit beim Zugang zu Wohnraum: Wissenschaftliche Testing-Methoden und Beratung von Menschen, die Diskriminierung bei der Wohnungssuche erfahren, ermöglichen den Geschädigten eine rechtliche Handhabe und führen zu einer Sensibilisierung der Wohnungsbaugesellschaften und privaten Vermieter*innen. Modellprojekte wie FairMieten FairWohnen in Berlin und der Planerladen in Dortmund können auf andere städtische Kontexte unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen übertragen werden. Migrantenorganisationen bieten hier den Zugang zu dem Betroffenen, können sowohl Sensibilisierung als auch Beratung anbieten.
Beratungsstrukturen durch zivilgesellschaftliche Akteure vermitteln: Beratungsstrukturen für sozial prekär lebende Menschen mit Migrationshintergrund werden weiterhin zu selten wahrgenommen. Migrantenvereine können hier als Brückenbauer dienen, um gegen Benachteiligung in bestehenden Mietverhältnissen vorgehen zu können.
Dazu ist eine Weiterentwicklung der Handlungsbereiche der MSOs erforderlich:
Stärkung und Empowerment der ehrenamtlichen Aktiven durch Netzwerktreffen und Fortbildung in rechtsbasierter Antidiskriminierungsarbeit und Organizing in der Nachbarschaft.
Eigene Datenerhebung zu Diskriminierungen und Ablehnungen von Bewerbungen auf Wohnungen, um Sichtbarkeit für Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen.
Vernetzung mit bestehenden wissenschaftlichen Instituten und kommunalen Akteuren, zum Austausch von wissenschaftlichen Informationen und politischen Handlungsmöglichkeiten.
Professionalisierung der Vermittlung von Wohnraum für sozial benachteiligte und prekär lebenden Menschen, im Besonderen geflüchtete und andere neu zugewanderte Menschen: Die seit 2015 in vielen Städten ehrenamtlich getragenen Unterstützung von Menschen bei der Wohnraumsuche sollte in hauptamtliche und bezahlte Stellen unter Weiterführung der ehrenamtlichen Strukturen überführt werden. Eine proaktive Suche nach Wohnraum, (bspw. Kontaktstelle Wohnen, Leipzig) führt zu mehr erfolgreichen Vermittlungen. Gleichzeitig verhindert dies Frustration und Überlastung der ehrenamtlich engagierten Personen, die von den bürokratischen Tätigkeiten entlastet werden. Dieses Modell stößt auf große Resonanz bei Vereinen im Kontext des samo.fa-Projekts, die mit der Überlastung von ehrenamtlich engagierten Menschen zu kämpfen haben. Etablierung von Netzwerken in die kommunale Politik und zu öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften: Eine Handhabe für die Weiterentwicklung des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus ist die Verfassung unternehmenspolitischer Leitlinien. Hier kann durch die Einführung von Quotenregelungen der Diskriminierung von Migrant*innen auf dem Wohnungsmarkt entgegengewirkt werden. Migrantenorganisationen sollten durch Lobbyarbeit in der Lokalpolitik als auch Beteiligung in Fachbeiräten etablierter Teil der Diversifierung der staatlich geförderten Wohnraumversorgung werden.
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