Corona-Krise: Ehrenamtlich Aktive so dringend gebraucht wie seit 2015 nicht mehr. Aus den samo.fa – Standorten

„Es wollen aber viele Ehrenamtliche in dieser extrem schwierigen Zeit etwas Gutes tun. Sie standen telefonisch und digital in schwierigen Zeiten den Menschen mit junger Fluchtbiographie zur Seite. Sie wurden zu Personalberater*innen und wenn es nötig war, auch zur ‚Telefonseelensorge‘…“, so wird z.B. aus Halle (Saale) berichtet. Da klingt an, was 2015/2016 im Zentrum stand: nämlich die große Unterstützungsbereitschaft und die selbstverständliche Solidarität mit Menschen in einer schwierigen Lage.

Menschen mit Fluchtgeschichte, die Unterstützung dringend brauchen und Aktive, die handeln: trotz Ähnlichkeiten ist die Situation in der Corona-Krise in vieler Hinsicht ganz anders als 2015. Das wird aus den Berichten von „vor Ort“ sehr deutlich: Die Corona-Krise betrifft beide Seiten: die Aktiven sind selbst Betroffene der Krise, als Personen, die mit ihren Familien selbst unter dem lock-down leiden, aber auch als engagierte Aktive, die jene, die sie bisher unterstützt haben, nicht mehr persönlich treffen können, und als Mitwirkende in Vereinen und bei samo.fa, deren bisherige Arbeitsweise von einem zum anderen Tag unterbrochen wird. So wurde mit den Kontakteinschränkungen, wie z.B. aus Köln berichtet wird, seit dem 13. März den Ehrenamtlichen der Zugang zu den Gemeinschaftsunterkünften untersagt.

So wie die samo.fa-Standorte ihre Arbeit neu aufstellen mussten, mussten die Aktiven darin unterstützt und zum Teil dafür motiviert werden, trotz aller Schwierigkeiten Kontakte zu halten oder auch neue Kontakte aufzunehmen. Mit dem massiven Ausbruch der Krise landeten die Menschen, die bisher begleitet und unterstützt wurden, in einer krassen Situation, die in verschiedener Hinsicht belastender erschien und erscheint als noch die schwierige Ankunftssituation vor einigen Jahren: die Corona-Krise und ihre Folgen drohte und droht sie in dem mühsamen Prozess des Ankommens zurückzuwerfen: gesundheitlich, sozial und beruflich.

Von daher war und ist die Aufgabe der ehrenamtlich Aktiven jetzt und in der nächsten Zukunft sehr herausfordernd, sie war und ist eine neue Form der Nachbarschaftshilfe „auf Abstand“. „In der Pandemiezeit bekam diese Nachbarschaftshilfe eine besondere Bedeutung. Diese Art von ehrenamtlicher Arbeit stellte gleichzeitig eine Herausforderung für die Ehrenamtlichen dar, weil hier alle ihre Stärken gefordert waren“, heißt es hierzu aus Köln, und ähnlich Stralsund.

Nun sind die ehrenamtlich Aktiven von 2020 nicht mehr die von 2015/2016, auch, wenn es sich z.T. um dieselben Personen handelt: sie haben ihre Fähigkeiten weiterentwickelt, zu den Teams der Ehrenamtlichen sind Neue hinzugekommen, mit speziellen Kompetenzen und/oder mit eigener unmittelbarer Fluchtgeschichte. An vielen Standorten wird nach wie vor großer Wert auf eine gute Begleitung der Ehrenamtlichen gelegt und dies in der Corona-Zeit noch verstärkt: so wurde z.B. in Kiel der „Takt“ des Treffens des samo.fa-Clubs von monatlich auf vierzehntägig verkürzt und als Videochat durchgeführt. An manchen Orten meldeten sich auch Ehrenamtliche „zurück“, die in der letzten Zeit nicht mehr kontinuierlich mitgemacht hatten.

Im Grunde war samo.fa an seinen Standorten also gut gerüstet, um das zu tun, was zunächst unmittelbar und rasch getan werden musste: über Corona und die erforderlichen und angeordneten Maßnahmen in einem breiten Spektrum von Herkunftssprachen zu informieren oder z.B. als Dolmetscher*in bei Corona-Hotlines  wie in Lübeck oder Potsdam zu wirken. Dann ging es um, wie aus Münster berichtet wird: „Kontakte zu den schwer erreichbaren Migrant*innen und Geflüchteten durch intensive telefonische Gespräche und Vermittlung der aktuellsten Informationen in verschiedenen Sprachen über Sicherheitskonzept, Mundschutzpflicht, Abstandsgebot, hygienische Standards und Infektionsschutzmaßnahmen“.

Und nachfolgend entstanden vielfältige Aktivitäten, wie Maskennähen, Hausaufgabenhilfe per Skype, oder auch, wie aus z.B. aus Hildesheim berichtet wird, Begleitung und Organisation bei Beerdigungen. Je länger der lock-down andauerte, umso bedrängender wurde zum Teil die häusliche Situation, und die ehrenamtlich Aktiven, wie aus Münster berichtet wird, „führen telefonische Gespräche, wie man in einem engen Raum mit der ganzen Familie ohne Konflikte und Haushaltsgewalt zusammenhalten kann“.

Mit der allmählichen Lockerung werden nun alle jene Befürchtungen und Sorgen greifbarer, die mit den sozialen Risiken verbunden sind, die der Corona-Krise nachfolgen. Dies wird die ehrenamtlich Aktiven noch einmal in besonderer Weise fordern: ihr verstärktes Engagement wird auch in den nächsten Monaten gänzlich unverzichtbar sein. WK