Humanitäre Katastrophe in Afghanistan

Nach der Machtübernahme der Taliban droht eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan. Zehntausende Frauen- und Menschenrechtsaktivist*innen, Andersdenkende und Mitarbeiter*innen von internationalen Einrichtungen und Organisationen befinden sich in akuter Lebensgefahr.

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Die Bundesregierung räumt in diesem Zusammenhang ein, Deutschland und die EU hätten die Lage in Afghanistan falsch eingeschätzt. Das sei „furchtbar für die Millionen Afghanen, die sich für eine freie Gesellschaft eingesetzt haben”, fügte die Bundeskanzlerin hinzu.

Die Bundesregierung sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Nicht nur aufgrund ihrer langjährigen Afghanistanpolitik mit seinen aktuell verheerenden Folgen. Sondern auch wegen ihres Umgangs mit schutzsuchenden Afghan*innen. Es ist daran zu erinnern, dass sich die Bundesregierung noch bis zum 11. August geweigert hat, einen Abschiebestopp nach Afghanistan zu beschließen – und das, obwohl die Taliban bereits auf dem Vormarsch waren.

Einige Tage zuvor – am 5. August – hat die Bundesregierung zusammen mit anderen EU-Staaten die EU-Kommission dazu aufgefordert, die afghanische Regierung unter Druck zu setzen.

Wir fordern mit aller Entschiedenheit:

  • Deutschland muss eine Vorreiterrolle in der EU übernehmen, um schnell und unbürokratisch – jetzt und unmittelbar – Menschen aufzunehmen, deren Leben in Afghanistan durch die Taliban in Gefahr ist. Insbesondere sind dabei verfolgte Frauen und Mädchen zu berücksichtigen. Kanada hat bereits zugesagt, 20.000 Geflüchtete aus Afghanistan aufzunehmen. Gemessen an seiner Einwohner*innenzahl, wirtschaftlichen Kraft und historischen Verantwortung muss Deutschland um ein Vielfaches mehr Menschen aus Afghanistan aufnehmen, die sehr wahrscheinlich der Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt sind.
  • Die Aufnahmebereitschaft der Bundesländer ist dringend zu berücksichtigen. Bisher haben sich die Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Niedersachsen sowie einige Städte wie München, Frankfurt oder Nürnberg bereit erklärt, Geflüchtete aus Afghanistan aufzunehmen. Auch andere Bundesländer und Städte sind gefordert, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen.
  • Darüber hinaus muss afghanischen Geflüchteten, die zurzeit in Deutschland leben, ein sicheres Bleiberecht gewährt werden. Diese Menschen brauchen eine Lebensperspektive. Es ist unzumutbar, sie weiterhin in Ungewissheit zu lassen.
  • Die Abschiebungen nach Afghanistan müssen auf Dauer komplett ausgesetzt werden.


Zu den 22 lokalen Verbünden und 800 Vereinen des Bundesverbands Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (NeMO) gehören zahlreiche Menschen, die in den vergangenen Jahren aus Afghanistan geflüchtet sind. Viele von ihnen haben noch Verwandte oder Freunde dort. Ihnen gilt unsere volle Solidarität. Der Bundesverband NeMO wird nach wie vor seinen Beitrag leisten, um die hier lebenden Geflüchteten und neue Schutzsuchende aus Afghanistan in allen Lebensbereichen zu unterstützen und zu begleiten, damit sie hier Fuß fassen und sich einbringen können.