Onur Yildirim von der Alevitischen Gemeinde Augsburg e. V.

Onur Yildirim vom Verein Alevitische Gemeinde Augsburg e. V. berichtet im Interview über die Ziele seines Vereins und die Wichtigkeit von Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte.

Onur Yildirim ist 31 Jahre alt .

1. Lieber Onur, bitte stell dich und deinen Verein kurz vor. Was bewegt dich, mitzumachen?

Hey! Mein Name ist Onur Yildirim. Ich bin 31 Jahre alt. Mein Verein heißt Alevitische Gemeinde Augsburg e. V. Der Verein wurde 1993 gegründet und hat um die 500 Mitglieder.

Die Ziele der Gemeinde sind vor allem folgende Punkte:

  • Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft
  • Erhalt und Erforschung der alevitischen Lehre
  • Einsatz für ein gerechtes und friedliches Zusammenleben
  • Unterstützung, Beratung und Förderung unserer Mitglieder
  • Einsatz für Menschenrechte, Gleichstellung von Mann und Frau, Freiheit aller Glaubensrichtungen, Rechte unterdrückter Minderheiten, Integration und gleichberechtigte Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte
  • Anregen zu kritischem Denken und Handeln sowie zur demokratischen Mitgestaltung der alevitischen Jugendlichen Deutschlands

Die Möglichkeit der Teilhabe und die Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Gesellschaft und in der Politik haben mich dazu bewegt, mich in der Alevitischen Gemeinde Augsburg zu engagieren.

2. Welche Aktivitäten deines Vereines aus den Jahren 2020 und 2021 möchtest du besonders hervorheben?

Gesondert hervorheben kann ich unser Projekt „Vielfalt Leben – Diversitätsorientierte Kompetenzentwicklung“. Es war ein Projekt mit drei Wochenendseminaren. Ziel war es, Kompetenzen und Handlungserfahrungen zu vermitteln, um die Teilhabe und Diversitätskompetenzen sowohl auf persönlicher als auch auf struktureller Ebene voranzutreiben. Dazu gehört auch die Motivation, sich an Gremien der Stadtgesellschaft zu beteiligen – und die Diversität in Bezug auf die Abbildung von gesellschaftlichen Realitäten in den Gremien zu fördern.

3. Wie hat dein Projekt zur Teilhabe von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte beigetragen?

Das Projekt hat den Menschen das Wissen und die Methoden vermittelt, damit diese sich an Gremien beteiligen können und in Vereinen aktiv werden. Den Teilnehmer*innen wurde aufgezeigt, wie sie Diversität in den Gremien thematisieren können und somit auch sich selbst einbringen können. Dadurch soll auch die Vielfalt in diesen Gremien gesteigert werden.

4. Warum ist die Teilhabe von allen Menschen wichtig? Teilhabechancen – was verstehst du darunter?

Die Teilhabe aller Menschen ist wichtig, weil jeder Mensch einen anderen Blickwinkel hat. Durch sie erzeugt man Synergien und weckt neue Energien. Ich sehe Teilhabe als einen Hauptbestandteil einer funktionierenden Demokratie. Unter Teilhabechancen verstehe ich die Möglichkeit, sich an einer Sache zu beteiligen und sich für ein Thema zu engagieren beziehungsweise einbringen zu können. Und dass natürlich diese Chance allen ermöglicht wird.

5. Wie kann man die Teilhabe von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte aus deiner Sicht verbessern?

Teilhabe darf nicht nur eine Erwartung an Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte sein. Sie muss aktiv von Gremien und Vereinen vorangetrieben und angestoßen werden. Dies kann nur durch direktes Ansprechen genau dieser Gruppen verbessert werden. Öffentliche Ausschreibung oder Bekanntmachung von Veranstaltungen oder Projekte – beispielsweise über Social Media – reicht hier nicht aus, weil die Hemmschwelle noch zu groß ist. Das direkte Ansprechen hingegen bricht Berührungsängste und bietet einen vertrauten Kontakt. Wichtig ist auch, dass die Teilhabe einen Prozess darstellt und daher langfristiges Engagement erfordert. Teilhabe auf eine Veranstaltung oder ein Projekt zu reduzieren, ist nicht richtig und führt auch langfristig nicht zum Erfolg.

6. Was würdest du Bundespolitiker*innen sagen, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?

Teilhabe von Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte muss das zentrale Thema der Bundespolitik werden. So wie die Politiker*innen dieses Thema aktuell angehen, ist das Ganze einfach zu kurz gedacht – und wird langfristig nicht funktionieren. Die Politik muss aktiver gegen rechte Propaganda und rechtes Gedankengut vorgehen. Die Diversität unserer Gesellschaft ist eine Bereicherung und muss auch so bekräftigt werden.