Zu der Konferenz geladen hatte der Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (BV NeMO) e.V. und dessen Verbundspartner Afropa e.V. in Dresden. Neben über 30 Teilnehmenden vor Ort verfolgten online circa 100 Menschen aus ganz Deutschland per Zoom die verschiedenen Inputs und Diskussionsbeiträge.
„Migration nicht steuerbar“
Zu den Gästen gehörte z.B. Thomas Kralinski, Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, und der bekannte Migrationsforscher Prof. Dr. Ludger Pries. Letzter gab einen breiten Überblick über das Thema Migration, Ein- und Abwanderung. „Migration ist ein komplexer, sozialer Prozess und nicht steuerbar“, erklärte er, „dazu gehören koloniale Machtbeziehungen über Generationen hinweg. Abschottungsstrategien, wie sie jetzt in der Politik besprochen werden, sind nicht zielführend und lenken von den eigentlichen Herausforderungen ab.“ Dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, steht außer Frage. Wichtiger ist es, den benötigten Fachkräften den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern und weniger bürokratische Hürden zu stellen.
Die teils hohen Anforderungen beim Chancen-Aufenthaltsrecht wurden ebenfalls besprochen und anhand eines Beispiels aus Hoyerswerda beleuchtet. Hierzu gab es zudem einen Input von Cordula Eubel vom Mediendienst Integration und Ibo Mosstafa Masri, lokaler Koordinator im Projekt GLEICH teilhaben des Bundesverbands NeMO. Er hat eine Frau betreut, die das Chancen-Aufenthaltsrecht wahrgenommen hat und ihre Erfahrungen damit mit den Teilnehmenden teilte.
Willkommensämter statt Ausländerämter!
Ein anderes wichtiges Thema waren die Ausländerämter. Diese sind oft die ersten Berührungspunkte, die Menschen mit deutscher Bürokratie erleben, und sollten dementsprechend niedrigschwellig arbeiten. Mitglieder aus dem Vorstand des Bundesverbands schilderten Erfahrungen aus ihren Netzwerken, die oft katastrophal sind.
Die Ausländerbehörden bedürfen bundesweit dringend einer neuen Ausrichtung, wie auch der Bundesverband in einer Stellungnahme fordert. Ein Umbau zur Willkommensbehörde ist notwendig und überfällig. Hier sind nicht nur die Länder (und Kommunen) herausgefordert, sondern auch die Bundesregierung. Für eine Reform der Ausländerämter sind Migrant*innenorganisationen wichtig, wie Cemalettin Özer vom geschäftsführenden Vorstand erklärt: „Die migrantischen Organisationen haben den Zugang zu den Menschen, die hierherkommen. Sie können mit den Kommunen und Ämtern zusammenarbeiten, um ein reibungsloses Ankommen zu ermöglichen.“
Am Ende präsentierte der geschäftsführende Vorstand noch einmal die Positionen des Bundesverband NeMO zum Thema Fachkräftesicherung und faire Teilhabechancen am Arbeitsmarkt. „Wie schon bei unseren vielen Dialogkonferenzen lautet das Motto hier: Teilhaben jetzt!“, betont Dr. Elizabeth Beloe, die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands. „Wir müssen eine Willkommenskultur etablieren, damit Fachkräfte nach Deutschland kommen wollen und allen Menschen faire Teilhabe zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird.“ Die Positionen des Bundesverbands wurden bereits im Vorhinein veröffentlicht. Darin werden vier Punkte genannt, die für die Politik der Fachkräftesicherung unverzichtbar sind. Der Bundesverband NeMO betrachtet es als notwendig, die Optionen für einen Spurwechsel zu erweitern, transparenter und praktikabler zu gestalten. Dies würde Menschen, die seit Jahren mit einem Duldungsstatus in Deutschland leben, eine sicherere Perspektive für ihren Aufenthalt bieten und somit die Voraussetzungen für ihre soziale Teilhabe schaffen, zum Vorteil für sie selbst, die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Mit der Veranstaltung ging es außerdem darum zu vermitteln, dass Migrant*innenorganisationen in Deutschland bei der Rolle von Begleiter*innen und Unterstützer*innen im Ankommens- und Normalisierungsprozess wichtige Partner sein können.
Wir danken allen Gäst*innen und Teilnehmenden vor Ort und digital! Wer eine der vorgestellten Präsentationen im Nachhinein erhalten will oder Anmerkungen hat, kann eine E-Mail an presse[at]bv-nemo.de schreiben.